Olivenöl vor Fälschern schützen

Wer garantiert, dass teures Olivenöl nicht gefälscht oder gepanscht wurde? Ein unsichtbares Etikett, entwickelt von ETH-Forschern, könnte diese Aufgabe erfüllen. Das Label besteht aus winzigen, magnetischen DNA-Partikeln, die in einer Silikonhülle verpackt und dem Öl beigemischt werden.

Vergr?sserte Ansicht: Olivenöl
Mit magnetischen DNA-Partikeln l?sst sich Oliven?l so markieren, dass es f?lschungssicher ist. (Bild: ETH Zürich)

Ein paar Gramm der neu entwickelten Substanz würden genügen, um die gesamte Oliven?l-Produktion von Italien zu markieren. Bei Verdacht auf F?lschung k?nnten die am Ursprungsort hinzugefügten Teilchen wieder aus dem ?l herausgefischt und analysiert werden. So w?re eine eindeutige Identifikation des Produzenten m?glich. ?Die Methode entspricht einem Etikett, das man nicht abl?sen kann?, erkl?rt Robert Grass, Dozent am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften (D-CHAB) der ETH Zürich.

Der Bedarf an f?lschungssicheren Labels für Nahrungsmittel ist weltweit gross. Interpol und Europol beschlagnahmten in einer gemeinsamen Aktion in 33 L?ndern im Dezember 2013 und Januar 2014 mehr als 1200 Tonnen gef?lschte oder minderwertige Esswaren und fast 430'000 Liter gef?lschte Getr?nke. Der illegale Handel werde von organisierten, kriminellen Gruppen betrieben, die damit Millionenprofite erzielten, schreiben die Beh?rden. Zur beschlagnahmten Ware z?hlten auch mehr als 131'000 Liter ?l und Essig.

Ein f?lschungssicheres Etikett sollte nicht nur unsichtbar, sondern auch unsch?dlich, resistent, billig und leicht zu detektieren sein. Um diese Kriterien zu erfüllen, bedienten sich die ETH-Forscher bei der Nanotechnologie und dem Informationsspeicher der Natur, der DNA. Ein Stück künstliche Erbsubstanz bildet das Herzstück des Mini-Etiketts. ?Bei der DNA gibt es Millionen von M?glichkeiten, die als Codes verwendet werden k?nnen?, erkl?rt Grass. Zudem habe dieses Material eine extrem tiefe Nachweisgrenze, es genügten also winzige Mengen zur Etikettierung.

Synthetisches Fossil

Doch DNA hat auch Nachteile. Benutzt man das Material als Informationstr?ger ausserhalb eines lebenden Organismus, kann es sich nicht reparieren und ist anf?llig gegenüber Licht, Temperaturschwankungen oder Chemikalien. Deshalb umhüllten die Forscher die DNA zum Schutz mit einer Silikonschicht und schufen so eine Art ?synthetisches Fossil?. Die Silikonhülle sei eine physische Barriere, welche die DNA vor chemischen Attacken schütze und von der ?usseren Umgebung komplett isoliere, eine Situation, die derjenigen von natürlichen Fossilien gleiche, schreiben die Forscher in ihrem Paper, das im Journal ACS Nano erschienen ist. Um die Partikel m?glichst schnell und einfach wieder aus dem ?l herauszufischen, wenden Grass und sein Team einen weiteren Trick an: Sie magnetisieren das Etikett, indem sie es zus?tzlich mit Nanopartikeln aus Eisenoxid versehen.

Experimente im Labor zeigten, dass sich die winzigen Etiketten im ?l gut l?sten und zu keinen optischen Ver?nderungen führten. Sie blieben auch bei Erhitzen stabil und überstanden einen Alterungsversuch unbeschadet. Dank des magnetischen Eisenoxids konnten die Partikel leicht aus dem ?l entfernt werden. Die DNA wurde mit Hilfe einer fluoridhaltigen L?sung zurückgewonnen und mit der so genannten PCR analysiert, einer Standardmethode, die heute jedes medizinische Labor mit geringem Aufwand durchführen kann. ?Unglaublich kleine Mengen von Partikeln bis zu einem Millionstelgramm pro Liter und ein winziges Volumen von einem Tausendstelliter genügten, um die Authentizit?tstests der ?lprodukte durchzuführen?, schreiben die Forscher. Auch das Panschen k?nnte so nachgewiesen werden: Entspricht die Konzentration der Nanopartikel nicht dem ursprünglichen Wert, muss anderes, vermutlich minderwertiges ?l zugemischt worden sein. Der Preis für die Herstellung dieser Etikettierung dürfte rund 0,02 Cent pro Liter betragen.

Etiketten für Benzin und Bergamott?l

Nicht nur Oliven?l, sondern auch Benzin liesse sich mit dieser Methode markieren. Die Technik k?nnte aber auch in der Kosmetikindustrie verwendet werden. In ihren Versuchen etikettierten die Forscher erfolgreich teures Bergamott?l, das als Parfümrohstoff verwendet wird. Die gr?ssten Chancen für einen Einsatz der unsichtbaren Labels sieht Grass aber im Nahrungsmittelmarkt. Doch werden die Konsumenten teures, ?extra-vergine?-Oliven?l kaufen, wenn darin künstliche DNA-Nanopartikel schwimmen? ?Das sind Dinge, die wir bereits heute zu uns nehmen?, sagt Grass. Silikonpartikel k?men unter anderem in Ketchup und Orangensaft vor. Und auch Eisenoxid ist als Nahrungsmittelzusatz E172 erlaubt.

Für eine bessere Akzeptanz k?nnte man anstelle von künstlicher DNA natürliches Erbmaterial verwenden, zum Beispiel von exotischen Tomaten oder Ananasfrüchten, von denen es eine grosse Vielfalt gibt, aber auch von jedem anderen Obst oder Gemüse, das wir auf dem Speiseplan haben. Natürlich müsse die neue Technik einen Vorteil bringen, der allf?llige Risiken bei weitem übertreffe, sagt Grass. Zwar sei er als Erfinder der Methode wohl nicht ganz unvoreingenommen, gibt der Forscher zu: ?Aber ich habe das Bedürfnis zu wissen, woher ein Nahrungsmittel kommt und wie rein es ist.? Bei gepanschter Ware habe man keine Ahnung, was drinstecke. ?Da ist es mir lieber zu wissen, welche Partikel absichtlich zugefügt wurden.?

Literaturhinweis

Michaela Puddu, Daniela Paunescu, Wendelin J. Stark, and Robert N. Grass: Magnetically Recoverable, Thermostable, Hydrophobic DNA/Silica Encapsulates and Their Application as Invisible Oil Tags. ACS Nano, 8(3), 1677-1685. DOI:externe Seite 10.1021/nn4063853

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