Quanten-Übertragung auf Knopfdruck

In den neuen Quanten-Informationstechnologien müssen empfindliche Quantenzust?nde zwischen entfernten Quanten-Bits übertragen werden. ETH-Forschern ist es nun gelungen, eine solche Quanten-?bertragung zwischen zwei Festk?rper-Qubits auf Kommando zu realisieren.

Erstmals gelang es, den Zustand eines supraleitenden Qubits mit einem Koaxialkabel auf ein anderes Qubit zu übertragen. (Bild: ETH Zürich /M. Pechal, T. Walter, P. Kurpiers )
Erstmals gelang es, den Zustand eines supraleitenden Qubits mit einem Koaxialkabel auf ein anderes Qubit zu übertragen. (Bild: ETH Zürich /M. Pechal, T. Walter, P. Kurpiers)

Datenübertragung ist das Rückgrat der modernen Informationsgesellschaft, im Grossen wie im Kleinen. Im Internet werden Daten, meist über Glasfaserkabel, zwischen Computern auf der ganzen Welt ausgetauscht. Innerhalb eines einzelnen Computers wiederum müssen st?ndig Informationen zwischen verschiedenen Prozessoren hin und her gesendet werden. Auch für die neuen Quanten-Informationstechnologien, die derzeit entwickelt werden, ist ein zuverl?ssiger Datenaustausch von grosser Bedeutung – doch zugleich auch extrem schwierig. An der ETH Zürich ist es Physikern um Andreas Wallraff vom Labor für Festk?rperphysik nun gelungen, Quanten-Informationen zwischen zwei knapp einen Meter voneinander entfernten Quanten-Bits auf Kommando und mit hoher Güte zu übertragen. Ihre Ergebnisse erscheinen diese Woche in der Fachzeitschrift externe Seite Nature.

Fliegende Quanten-Bits

Das Besondere an Quanten-Informationstechnologien – dazu geh?ren etwa Quantencomputer und Quantenverschlüsselung – liegt in der Verwendung von Quanten-Bits oder ?Qubits? als elementares Informationselement. Anders als klassische Bits k?nnen Qubits nicht nur den Wert 0 oder 1 haben, sondern auch so genannte ?berlagerungszust?nde einnehmen. Daraus ergibt sich einerseits die M?glichkeit, enorm leistungsf?hige Computer zu bauen, die mit diesen ?berlagerungszust?nden viel effizienter und schneller rechnen k?nnen als klassische Computer.

Andererseits sind diese Zust?nde aber auch sehr empfindlich und nicht ohne weiteres mit herk?mmlichen Methoden zu übertragen. Zun?chst muss n?mlich der Zustand eines station?ren Qubits in ein so genanntes ?fliegendes? Qubit verwandelt werden, zum Beispiel in ein Photon, und anschliessend zurück auf ein anderes station?res Qubit. Vor einigen Jahren konnten Forscher auf diese Weise den Quantenzustand eines Atoms übertragen. Wallraff und seinen Mitarbeitern ist es nun erstmals gelungen, eine solche ?bertragung auch von einem supraleitenden Festk?rper-Qubit auf ein anderes zu realisieren, das sich in einiger Entfernung befand.

Dazu verbanden die Physiker zwei supraleitende Qubits mit einem Koaxialkabel, wie es auch für Antennenanschlüsse verwendet wird. Der Quantenzustand des ersten Qubits, der durch die Anzahl der in ihm enthaltenen supraleitenden Elektronenpaare (so genannte Cooper-Paare) definiert ist, wurde zun?chst mit Hilfe von sehr genau kontrollierten Mikrowellenpulsen auf ein Mikrowellen-Photon eines Resonators übertragen. Aus diesem Resonator konnte das Photon dann über das Koaxialkabel in einen zweiten Resonator fliegen, in dem sein Quantenzustand wiederum durch Mikrowellenpulse auf das zweite Qubit übertragen wurde. ?hnliche Experimente wurden kürzlich auch an der Yale University durchgeführt.

Deterministisch statt probabilistisch

?Das Wichtige an unserer Methode ist, dass die ?bertragung des Quantenzustands deterministisch, also auf Knopfdruck, funktioniert?, betont Philipp Kurpiers, der in Wallraffs Labor als Doktorand arbeitet. In einigen früheren Experimenten konnte zwar eine ?bertragung von Quantenzust?nden erreicht werden, aber diese war probabilistisch: Manchmal funktionierte sie, meistens aber nicht. Eine erfolgreiche ?bertragung konnte zum Beispiel durch ein ?Verkündigungs-Photon? angezeigt werden. Hatte die ?bertragung nicht geklappt, so probierte man es einfach noch einmal. Die effektive Quanten-Datenrate wurde dadurch natürlich stark reduziert. Für praktische Anwendungen sind daher deterministische Methoden, wie sie jetzt an der ETH demonstriert wurden, von Vorteil.

?Unsere ?bertragungsrate für Quantenzust?nde ist eine der h?chsten, die je realisiert wurden, und unsere ?bertragungsgüte ist mit 80 Prozent sehr gut?, sagt Andreas Wallraff. Mit Hilfe ihrer Technik k?nnen die Forscher auch eine quantenmechanische Verschr?nkung zwischen den Qubits herbeiführen, und das mehr als 50'000 Mal pro Sekunde. Die ?bertragungsprozedur selber dauert dabei weniger als eine Millionstel Sekunde, so dass auch bei der ?bertragungsrate noch Luft nach oben ist. Quantenmechanische Verschr?nkung erzeugt eine innige Verbindung zwischen zwei Quantenobjekten auch über grosse Distanzen, die für Verschlüsselungstechniken oder Quanten-Teleportation genutzt wird.

Quantenübertragung für Quantencomputer

Als N?chstes wollen die Forscher versuchen, jeweils zwei Qubits als Sender und Empf?nger zu verwenden, wodurch zum Beispiel ein Verschr?nkung-Austausch zwischen den Qubit-Paaren m?glich wird. Ein solcher Prozess ist nützlich für gr?ssere Quantencomputer, die in den n?chsten Jahren gebaut werden sollen. Bisher bestehen diese zwar nur aus einigen wenigen Qubits, doch wenn man gr?ssere Rechner bauen will, wird sich schon ab ein paar Hundert Qubits die Frage stellen, wie man diese am effektivsten miteinander verbindet, um die Vorteile eines Quantenrechners am besten auszunutzen.

?hnlich wie bei heute verwendeten Clustern von Einzelrechnern k?nnten dann Quantencomputer-Module mithilfe der von Wallraff entwickelten Technik miteinander verbunden werden. Dabei k?nnte die jetzige ?bertragungsdistanz von einem Meter durchaus noch gesteigert werden. Wallraff und seine Mitarbeiter haben kürzlich gezeigt, dass ein extrem stark gekühltes und dadurch supraleitendes Kabel Mikrowellenphotonen verlustarm über Strecken von einigen zehn Meter übertragen kann. Die Verkabelung eines Quanten-Rechenzentrums w?re so also durchaus machbar.

Literaturhinweis

Kurpiers P, Magnard P, Walter T, Royer B, Pechal M, Heinsoo J, Salathé Y, Akin A, Storz S, Besse J-C, Gasparinetti S, Blais B, Wallraff A. Deterministic quantum state transfer and remote entanglement using microwave photons. Nature, volume 558, pages 264–267 (2018), doi: externe Seite 10.1038/s41586-018-0195-y

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