Klimafolgen-Faustregel umgekrempelt

ETH-Klimaforscher stellen die allgemein formulierte Klimawandel-Grundregel ?Trockene Regionen werden trockener, feuchte feuchter? mit einer neuen Analyse über Landgebieten infrage. In einigen Regionen finden sie gegenl?ufige Trends.

Vergr?sserte Ansicht: hoover dam
Trocken wird trockener: Eine ausserordentliche Dürre l?sst den Pegelstand des Lake Mead in der Wüste von Nevada auf historischen Tiefstand sinken. (Bild: flickr.com)

Aufgrund von Modellen und Beobachtungen stellten Klimawissenschaftler eine vereinfachte Formel auf, um eine der m?glichen Folgen des Klimawandels zu beschreiben: Gebiete, die bereits heute von Trockenheit gepr?gt sind, werden im künftigen Klima noch st?rker austrocknen. In Regionen, in denen es zurzeit schon feucht ist, wird es noch mehr Niederschlag geben. Auf Englisch klingt es noch eing?ngiger: Dry gets drier, wet gets wetter (DDWW).

Diese Formel ist allerdings nicht so allgemeingültig wie angenommen. Das zeigt ein Team von ETH-Klimaforschenden um Peter Greve, Erstautor einer soeben in Nature Geoscience erschienenen Studie. Bisherige Analysen benutzten eine Technik, welche die klimatischen Eigenschaften über dem Ozean umfassend beschreibt, über Land aber problematisch ist. Dies wurde in besagten Studien durchaus angesprochen, im allgemeinen wissenschaftlichen und ?ffentlichen Diskurs aber bisher übersehen. In ihrer neuen Studie berücksichtigen die ETH-Forschenden aus der Gruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik, deshalb erstmals die besonderen klimatischen Eigenschaften der Landoberfl?che, wo die Menge des verfügbaren Wassers im Gegensatz zum Ozean limitiert ist.

Für ihre Analysen verwendeten die Klimawissenschaftler Messdaten, die nur auf dem Land erhoben wurden wie Niederschlag, tats?chliche Verdunstung und die potentielle Verdunstung. Die Daten stammten aus verschiedensten Quellen und wurden von Greve und seinen Mitautoren so kombiniert, dass sie die Trends in Bezug auf die Feuchtigkeit respektive Trockenheit einer Region herauslesen konnten. Weiter verglichen die Forschenden Daten aus der Zeit von 1948 bis 1968 und von 1984 bis 2004.

H?lfte der Fl?chen mit Gegentrend

Die Auswertung zeigt, dass auf drei Vierteln der Landfl?che der Erde kein eindeutiger Trend in Richtung trockener oder feuchter auszumachen ist. Für den restlichen Viertel gibt es robuste Trends. Dem Grundsatz DDWW folgen die Daten jedoch nur auf der H?lfte dieser Fl?chen, also einem Achtel der Landfl?che. Auf der anderen H?lfte der Fl?chen widersprechen die Trends dieser Regel.

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In einigen Regionen entwickelte sich das Klima in den vergangenen 70 Jahren entgegen der allgemeinen Klimafolgen-Formel ?trocken wird trockener, feucht wird feuchter? . (Graphik: aus Greve et al, 2014)

So ist es in einigen Regionen, die gem?ss der einfachen Formel DDWW h?tten feuchter werden sollen, in der Vergangenheit trockener geworden, etwa in Teilen des Amazonas, Mittelamerikas, des tropischen Afrikas oder Asiens. Umgekehrt gibt es Trockengebiete, die feuchter geworden sind: Teile Patagoniens, Zentralaustraliens und des mittleren Westens der USA.

Gr?sstenteils best?tigt wird die Faustregel ?feucht wird feuchter? hingegen für den Osten der USA, Nordaustralien oder den Norden Eurasiens. Auch stimmt ?trocken wird trockener? mit den Signalen überein, die aus der Sahelzone, der Arabischen Halbinsel oder Teilen Zentralasiens und Australiens stammen.

Der Grundsatz DDWW stimme allerdings nach wie vor für Ozeane. ?Unsere Resultate unterstreichen, dass man sich nicht zu sehr auf vereinfachende Grunds?tze abstützen soll, um vergangene Ver?nderungen bei Trockenheit oder Feuchte einzusch?tzen?, sagt Greve. Dies k?nne in die Irre führen, weil sie der Komplexit?t des darunterliegenden Systems nicht gerecht würden.

Literaturhinweis

Greve P, Orlowsky B, Müller B, Sheffield J, Reichstein M, Seneviratne SI. Global assessment of trends in wetting and drying over land. Nature Geoscience, Advanced Online Publication 14th September 2014. DOI: externe Seite 10.1038/ngeo2247

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