Forschende der ETH Zürich stellen organische Leuchtdioden (OLED) auf der Nanoskala her – die sind rund hundertmal kleiner als eine menschliche Zelle. Damit werden nicht nur ultrascharfe Bildschirme und Mikroskope m?glich. Die Pixel sind so klein, dass neuartige Wellenoptik-Anwendungen denkbar werden.??
In Kürze
Ein an der ETH Zürich entwickeltes Verfahren erm?glicht die massive Miniaturisierung organischer Leuchtdioden (OLED) in nur einem Schritt.
Die Lichtquellen sind nun kleiner als die Wellenl?nge des ausgestrahlten Lichts. Dadurch lassen sich Richtung und Polarisation des Lichts gezielt steuern.
Neben Mini-Bildschirmen und Biosensoren werden damit auch Anwendungen in der optischen Datenübertragung, der Holografie oder als winzige Laser vorstellbar.
Die Miniaturisierung ist die Triebkraft der Halbleiter-Industrie. Die enorme Leistungssteigerung der Computer seit den 1950er-Jahren beruht weitgehend darauf, dass immer kleinere Strukturen auf die Silizium-Chips gefertigt werden k?nnen. Chemieingenieur:innen der ETH Zürich ist es nun gelungen, die heute vor allem in Premium-Handys und TV-Bildschirmen eingesetzten organischen Leuchtdioden (Organic Light Emitting Diode, OLED) gleich um Gr?ssenordnungen zu verkleinern. Ihre Studie erschien unl?ngst im Fachmagazin externe Seite Nature Photonics.
Miniaturisiert in einem Schritt
Leuchtdioden sind Elektronikchips aus Halbleitermaterialien, die elektrischen Strom in Licht umwandeln. ?Der Durchmesser der bisher kleinsten OLED-Pixel, die wir entwickelt haben, erreicht den Bereich von 100 Nanometern. Damit sind sie rund 50-mal kleiner als der bisherige Stand der Technik?, erkl?rt Jiwoo Oh, Doktorandin in der Forschungsgruppe für Nanomaterial-Engineering von ETH-Professor Chih-Jen Shih.
Oh hat das Verfahren für die Fabrikation der neuen Nano-OLED gemeinsam mit Tommaso Marcato entwickelt. ?Die maximale Dichte der Pixel ist damit in einem Schritt rund 2500-mal gr?sser als bisher?, erg?nzt Marcato, der als Postdoc in Shihs Gruppe t?tig ist.
Zum Vergleich: Das Miniaturisierungstempo der Computer-Prozessoren folgte bis in die 2000er-Jahre dem sogenannten Gesetz von Moore, wonach sich die Dichte der elektronischen Elemente alle zwei Jahre verdoppelte.
Bildschirme, Mikroskope und Sensoren
Pixel im Gr?ssenbereich von 100 bis 200 Nanometer legen zum einen die Grundlage für ultrahochaufl?sende Bildschirme, die etwa in Brillen nahe am Auge gestochen scharfe Bilder zeigen k?nnten. Um das zu veranschaulichen haben die Forschenden um Shih das Logo der ETH Zürich dargestellt. Dieses ETH-Logo besteht aus 2800 Nano-OLED und ist ?hnlich gross wie eine menschliche Zelle. Jedes seiner Pixel misst rund 200 Nanometer (0.2 Mikrometer). Die bisher kleinsten Pixel der ETH-Forschenden erreichen den Bereich von 100 Nanometern.
Die winzigen Lichtspender k?nnten aber auch helfen, um mittels hochaufl?sender Mikroskope in den Sub-Mikrometerbereich zu fokussieren. ?Ein Nano-Pixel-Feld als Lichtquelle k?nnte kleinste Bereiche einer Probe durchleuchten – die Einzelbilder liessen sich dann im Computer zu einem extrem detaillierten Bild zusammensetzen?, erkl?rt der Professor für technische Chemie. Ferner sieht er Nano-Pixel potenziell auch als winzige Sensoren, die etwa Signale einzelner Nervenzellen detektieren k?nnten.
Nano-Pixel erzeugen optische Welleneffekte
Die kleinen Dimensionen er?ffnen der Forschung und Technik aber auch M?glichkeiten, die bisher noch gar nicht realisierbar waren, wie Marcato betont: ? Wenn zwei gleichfarbige Lichtwellen n?her zusammenrücken als die H?lfte ihrer Wellenl?nge – das sogenannte Beugungslimit – schwingen sie nicht mehr unabh?ngig voneinander, sondern beginnen miteinander zu wechselwirken.? Für das sichtbare Licht liegt diese Grenze abh?ngig von der Farbe zwischen rund 200 und 400 Nanometern – und so eng beieinander lassen sich auch die Nano-OLED der ETH-Forschenden platzieren.
Das Grundprinzip der wechselwirkenden Wellen l?sst sich veranschaulichen, indem man zwei Steine nebeneinander in einen spiegelglatten See wirft. Dann entsteht dort, wo die kreisf?rmigen Wasserwellen aufeinandertreffen, ein geometrisches Muster aus Wellenbergen und Wellent?lern. Auf ?hnliche Weise k?nnen geschickt angeordnete Nano-OLED optische Welleneffekte erzeugen, bei denen sich das Licht von benachbarten Pixeln gegenseitig verst?rkt oder ausl?scht.
Lichtrichtung und Polarisation manipulieren
Das Team von Shih konnte in ersten Experimenten mit Hilfe solcher Wechselwirkungen die Richtung des ausgestrahlten Lichts gezielt manipulieren. Statt in alle Richtungen über dem Chip strahlen die OLED ihr Licht dann nur noch in ganz bestimmten Winkeln ab. ?Man wird künftig auch das Licht einer Nano-OLED-Matrix in eine Richtung bündeln und damit leistungsstarke Mini-Laser konstruieren k?nnen?, erwartet Marcato.
Auch polarisiertes Licht – also Licht, das nur in einer Ebene schwingt – l?sst sich mittels Wechselwirkungen erzeugen, wie die Forschenden bereits gezeigt haben. Solches wird heute beispielsweise in der Medizin genutzt, um gesundes Gewebe von Krebsgewebe zu unterscheiden.
Eine Vorstellung, welches Potenzial die Wechselwirkungen haben, liefern die modernen Funk- und Radartechniken. Sie verwenden Wellenl?ngen von Millimetern bis zu Kilometern und nutzen Wechselwirkungen schon seit L?ngerem. Sogenannte Phased-Array-Anordnungen erlauben es dabei, Antennen oder von Sendersignale gezielt auszurichten und zu fokussieren.
Im optischen Spektrum k?nnten derartige Technologien unter anderem mithelfen, die Informationsübertragung in den Datennetzwerken und in den Computern weiter zu beschleunigen.
Keramik-Membran macht den Unterschied
Bei der Fabrikation von OLED werden die lichtausstrahlenden Moleküle bislang nachtr?glich auf die Silizium-Chips aufgedampft. Dies geschieht mit relativ dicken Metallmasken, die entsprechend gr?ssere Pixel erzeugen.
Den Schub in Sachen Miniaturisierung erm?glicht nun ein spezielles keramisches Material, wie Oh erkl?rt: ?Silizium-Nitrid kann sehr dünne und trotzdem belastbare Membranen bilden, die auf Fl?chen im Quadratmillimeter-Bereich nicht durchh?ngen.?
So konnten die Forschenden rund 3000-mal dünnere Schablonen für die Platzierung der Nano-OLED-Pixel anfertigen. ?Unsere Methode hat zudem den Vorteil, dass sie sich direkt in die Standard-Lithografie-Verfahren für die Produktion von Computerchips integrieren l?sst?, betont Oh.
Eine Tür zu neuen Technologien
Die neuen Nano-Leuchtdioden sind im Rahmen eines Consolidator Grants entstanden, den Shih 2024 vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhielt. Zurzeit sind die Forschenden daran, ihre Methode zu optimieren. Neben einer weiteren Miniaturisierung der Pixel steht dabei auch deren Kontrolle im Fokus.
?Unser Ziel ist es, die OLED so zu verschalten, dass wir sie einzeln steuern k?nnen?, führt Shih aus. Das sei notwendig, um das ganze Potenzial der Wechselwirkungen zwischen den Lichtpixeln auszusch?pfen. Gezielt steuerbare Nano-Pixel k?nnten unter anderem die Tür zu neuartigen Anwendungen der Phased-Array-Optik ?ffnen, mit der sich Lichtwellen elektronisch lenken und fokussieren lassen.
In den 1990er-Jahren wurde postuliert, dass die Phased-Array-Optik holographische Projektionen aus zweidimensionalen Bildschirmen erm?glichen werde. Shih denkt bereits einen Schritt weiter: Gruppen von wechselwirkenden OLED k?nnten dereinst zu Meta-Pixeln gebündelt und pr?zise im Raum platziert werden. ?Auf diese Weise liessen sich etwa 3D-Bilder rund um die Betrachtenden herum realisieren?, blickt der Chemiker in die Zukunft.
Literaturhinweis
Marcato T, Oh J, Lin ZH, Tian T, Gogoi A, Shivarudraiah SB, Kumar S, Rajan AG, Zeng S, Shih CJ: Scalable nanopatterning of organic light-emitting diodes beyond the diffraction limit, Nature Photonics, 31. Oktober 2025, doi: externe Seite 10.1038/s41566-025-01785-z