Wie E-Autos und Wärmepumpen der Schweiz helfen, die Energiestrategie umzusetzen
Flexible gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos k?nnten in Zukunft Stromimporte?reduzieren und Strompreise senken.?Das zeigt eine neue Studie eines Schweizer Forschungskonsortiums unter der Leitung der ETH Zürich.??
In Kürze
Durch flexibel gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos k?nnte die Schweiz im Jahr 2050 rund vier Prozent mehr erneuerbaren Strom bei gleicher installierter Leistung nutzen.
Diese nach Netzauslastung gesteuerte Flexibilit?t k?nnte die j?hrlichen Netto-Stromimporte im Vergleich zu einem Energiesystem ohne flexibel gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos um rund 20 Prozent reduzieren. Auch in den Wintermonaten würde weniger importiert werden.
Teure Verst?rkungen der Verteilnetze k?nnten durch flexibel gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos verz?gert und reduziert werden.
Elektroautos und W?rmepumpen k?nnten bei der Umsetzung der Schweizer Energiestrategie eine grosse Rolle spielen. Bis 2050 soll gem?ss Bundesrat die Energieversorgung der Schweiz CO2-neutral sein. W?rmepumpen sollen ?l- und Gasheizungen, und Elektroautos allm?hlich Verbrennerfahrzeuge ersetzen. Dadurch steigt der Strombedarf deutlich an – von heute rund 56 Terawattstunden (TWh) auf rund 75 TWh pro Jahr bis 2050.
Ein neuer Bericht des Schweizer Forschungskonsortiums ?Pathfndr?, das vom Schweizer Bundesamt für Energie im Rahmen des Programms ?Sweet? gef?rdert wird, zeigt nun, dass W?rmepumpen und Elektroautos neben der Wasserkraft wichtige Flexibilit?tslieferanten für das Schweizer Stromsystem im Jahr 2050 sein k?nnen. Christian Schaffner, Direktor des Energy Science Centers an der ETH Zürich und Co-Leiter des Projektes erkl?rt: ?Beide Technologien stimmen den steigenden Stromverbrauch besser mit der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen ab. Das entlastet das Stromnetz, verringert die Importe und senkt die Strompreise im Grosshandel – vor allem in den Wintermonaten.?
Nur verbrauchen, wenn das Netz nicht ausgelastet ist
Diese Flexibilit?t zeigt sich im Alltag folgendermassen: Bei Aussentemperaturen von 0°C k?nnen sich intelligent gesteuerte W?rmepumpen in Geb?uden mit Minergie-Standard bis zu zehn Stunden abschalten, ohne dass die Raumtemperatur spürbar sinkt. Dadurch l?sst sich vermeiden, dass zu viele W?rmepumpen gleichzeitig laufen und das Netz überlasten.
Auch Elektroautos sind oft viel l?nger am Netz als für eine Vollladung n?tig – zum Beispiel, wenn sie nach Feierabend in der Garage zum Laden angeschlossen werden. Dies erlaubt einen zeitlich optimierten Ladevorgang, der sich am Stromangebot orientiert. Besonders lohnen würde sich laut Studie das Laden am Arbeitsplatz: ?Tagsüber, wenn die Sonne scheint, stehen viele Fahrzeuge ohnehin auf Parkpl?tzen. Wenn sie dort laden, liesse sich die Photovoltaikproduktion optimal nutzen?, erkl?rt Siobhan Powell, Energieforscherin an der ETH Zürich und eine der Hauptautorinnen.
Mehr Strom, weniger Stromimporte
Die Schweiz will bis 2050 50 bis 60 Prozent ihres Strombedarfs (45 TWh pro Jahr) mit neuen erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik, Windenergie oder Biomasse decken. Die Modellrechnungen der Forschenden zeigen nun, dass dieses Ziel durch den flexiblen Stromverbrauch von W?rmepumpen und Elektrofahrzeugen einfacher zu erreichen sein wird.
Werden W?rmepumpen und Elektroautos fl?chendeckend flexibel koordiniert und gesteuert, k?nnten in der Schweiz im Jahr 2050 rund vier Prozent mehr erneuerbarer Strom zur Verfügung stehen. ?Der gr?sste Teil davon ist Solarstrom im Frühling und Sommer, der besser verteilt und dadurch nicht abgeregelt werden muss?, erkl?rt Powell.
Dazu kommt, dass durch flexible W?rmepumpen und Elektroautos die Netto-Stromimporte über das ganze Jahr hinweg um rund 20 Prozent sinken k?nnten, insbesondere auf Grund h?herer Nettoexporte im Frühling und im Sommer. ?Das sind etwa 1,8 TWh Strom, was dem Jahresverbrauch von rund 0,5 Millionen Schweizer Haushalten entspricht?, sagt Powell. Gem?ss der Studie würde die Schweiz auch in den Wintermonaten rund 0.7 TWh weniger Strom importieren. Dies entspricht 4,4 Prozent weniger Winter-Nettoimporte im Vergleich zu einem Energiesystem ohne flexibel gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos.
Günstigerer Strom und weniger Gaskraftwerke
Die Studie zeigt ausserdem, dass auch die Strompreise im Grosshandel auf Grund einer gleichm?ssigeren Verteilung von Angebot und Nachfrage mittels flexibler W?rmepumpen und Elektroautos sinken k?nnten. Am gr?ssten ist diese Strompreissenkung in den Wintermonaten Januar bis M?rz, wo die Preise im Grosshandel um bis zu sechs Prozent sinken k?nnten.
Die Forschenden sch?tzen ausserdem, dass ein durch flexible W?rmepumpen und Elektroautos gestütztes Stromsystem um rund vier Prozent günstiger betreibbar w?re als ein System ohne diese beiden Flexibilit?tslieferanten.
Zudem müssten durch den Einsatz flexibel gesteuerter W?rmepumpen und Elektroautos 2050 auch weniger Gaskraftwerke und Batteriespeicher gebaut werden. Der Investitionsbedarf in Gaskraftwerke und Batterien sinkt den Sch?tzungen zu Folge um rund ein Drittel. ?Gaskraftwerke und Batterien sind vor allem notwendig, um Spitzen der Stromnachfrage auszugleichen. Wenn Elektrofahrzeuge und W?rmepumpen diese Funktion übernehmen, dann brauchen wir weniger davon?, erkl?rt Powell.
Flexibilit?t ja, aber bitte komfortabel
Laut einer repr?sentativen Befragung, die im Rahmen der Studie durchgeführt wurde, sind rund 70 Prozent der Schweizer Bev?lkerung bereit, durch flexibles Heizen und Laden zur Netzstabilit?t beizutragen, solange ihr Komfort nicht beeintr?chtigt wird und die Steuerung automatisch erfolgt. Rund 30 Prozent der Befragten gaben sogar an, leichte Komforteinbussen hinzunehmen, wenn dadurch die Stromkosten sinken.
Tiefere Spitzenlasten in Quartieren
Wenn viele Haushalte gleichzeitig ihre Autos laden oder ihre W?rmepumpen betreiben, drohen Engp?sse. Die heutigen Leitungen und Transformatoren w?ren für diese Lasten h?ufig nicht ausgelegt und müssten verst?rkt werden.
Die Forschenden untersuchten rund 50 Netzgebiete in der Schweiz. Sie kommen zum Schluss, dass durch flexibel gesteuerte W?rmepumpen und Elektroautos die Spitzenlasten in Quartieren sinken würden und dadurch teure Verst?rkungen der Verteilnetze verz?gert und reduziert werden k?nnten. Wie gross diese Effekte tats?chlich sind, h?ngt auch davon ab, ob es sich um st?dtische oder l?ndliche Gebiete handelt.
Stromtarife, die Bürger:innen belohnen
Damit Elektrofahrzeuge und W?rmepumpen bis 2050 tats?chlich als Flexibilit?tslieferanten dienen k?nnen, müssen sie mit der n?tigen Steuerungs- und Kommunikationstechnologie ausgestattet sein. Das ist aktuell noch nicht fl?chendeckend der Fall. Die Studienautoren empfehlen daher, dass nur mehr Systeme subventioniert werden, die auch flexibel und intelligent betrieben werden k?nnen.
Darüber hinaus sollten die Betreiber:innen von Elektrofahrzeugen und W?rmepumpen einen Anreiz haben, ihr Heiz- und Ladeverhalten anzupassen. Um dies zu erreichen, empfiehlt die Studie unter anderem dynamische Stromtarife, die zeitlich flexibles Laden und Heizen belohnen. Vor allem die starken lokalen Unterschiede bei den Stromtarifen und Einspeisevergütungen würden diese Massnahme in der Schweiz jedoch erschweren, heisst es in der Studie.
Die Forschenden weisen ausserdem darauf hin, dass die F?rderinstrumente in der Schweiz sehr heterogen sind und es bislang keine nationales ?Recht auf Laden? für Mieter:innen mit Elektrofahrzeugen gibt. Das müsse sich schnell ?ndern.
Pathfndr
externe Seite Pathfndr ist ein Forschungskonsortium, das vom externe Seite Schweizer Bundesamt für Energie im Rahmen des Programms ?Sweet? (Ausschreibung 1-2020) gef?rdert und von der ETH Zürich geleitet wird. Das Konsortium besteht aus acht Forschungspartnern – ETH Zürich, Empa, PSI, ZHAW, Hochschule Luzern, Universit?t Genf, EPFL und TU Delft – sowie 25 Kooperationspartnern. Ziel des Konsortiums ist es, ?bergangswege für die Integration erneuerbarer Energien in der Schweiz zu entwickeln und zu analysieren. Das Konsortium zeigt realisierbare Wege auf, stellt Planungs- und Betriebsinstrumente bereit, entwickelt Pilot- und Demonstrationsprojekte, identifiziert neue Gesch?ftsm?glichkeiten und Innovationsstrategien und analysiert m?gliche politische Massnahmen.
Literaturhinweis
Powell S, Marinakis A, Ruefenacht L et.al.: Flexibility provision from electromobility and buildings. Synthesis report, PATHFNDR Consortium, 11. November 2025, doi: externe Seite 10.3929/ethz-c-000787060