
Wieder mit ERC Grants am Start
Zwei Biologieforschende, ein Ingenieur, ein Physiker und ein Gesundheitswissenschaftler der ETH Zürich freuen sich über ERC Advanced Grants im Wert von rund 12 Millionen Euro. Sie geh?ren zu den Ersten in der Schweiz, die nach mehrj?hriger Pause wieder diese renommierte Forschungsf?rderung der EU erhalten.
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In Kürze
- Wissenschaftler:innen an Schweizer Hochschulen k?nnen sich wieder für die Grants des Europ?ischen Forschungsrats ERC bewerben.
- M?glich macht dies ein Abkommen zwischen der Schweiz und der Europ?ischen Union.
- Von insgesamt zwanzig ERC Advanced Grants, die erstmals seit Anfang 2022 wieder in die Schweiz vergeben werden, gehen fünf an Professor:innen der ETH Zürich.
Seit ein paar Monaten k?nnen sich auch Forschende in der Schweiz wieder für die begehrten und wissenschaftlich bedeutenden ERC-Grants und Projektkoordinationen beim weltweit gr?ssten Forschungsf?rderungsprogramm Horizon Europe bewerben – die Europ?ische Union hat fast alle Ausschreibungen ihrer Forschungsf?rderung für die Schweiz ge?ffnet.
Nach dreieinhalb Jahren haben nun erstmals wieder Forschende der ETH Zürich einen vom Europ?ischen Forschungsrat ERC vergebenen Advanced Grant erhalten: Jacob Corn, Jér?me Faist, Mustafa Khammash, Ferdinand von Meyenn und Julia Vorholt. Durch ihre vom ERC ausgezeichneten Projekte fliessen in den n?chsten Jahren über 11 Millionen Franken (rund 12 Millionen Euro) an die ETH Zürich.
Die ERC Advanced Grants sind in Europa der h?chste Standard für Spitzenforschung und weltweit ein Gütesiegel für exzellente Wissenschaft. Nach dem Scheitern des Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU 2021 wurde die Schweiz als nicht-assoziierter Drittstaat behandelt. In der Schweiz t?tige Forscherinnen und Forscher konnten sich in den vergangenen Jahren deshalb nicht mehr für die ERC-Grants bewerben. Als ?bergangsl?sung schuf der Schweizerische Nationalfonds (SNF) im Auftrag des Bundesrates die SNF Starting, Consolidator und Advanced Grants.
Von Beteiligten zu Begünstigten
Obwohl die Schweiz weiterhin kein voll assoziiertes Mitglied der EU-Forschungs- und Innovationsf?rderprogramme ist, hat sich der Status der Forschenden in der Schweiz durch eine ?bergangsregelung der EU nun ge?ndert: Die Forschenden gelten neu als ?Begünstigte? und nicht mehr wie zuvor als ?Beteiligter Partner?.
Der Beneficiary-Status bedeutet, dass Forschende von Schweizer Hochschulen wieder als vollwertige und gleichberechtigte Projektpartner:innen an den europ?ischen Forschungsprogrammen teilnehmen und F?rdermittel direkt bei der EU beantragen.
Unterzeichnung des Abkommens im Sp?therbst
Der Schweizer Bundesrat hat am 9. April 2025 das EU-Programmabkommen (EUPA) und die dazugeh?rigen Protokolle in den Bereichen Bildung, Forschung, Innovation und Gesundheit gutgeheissen. Es erm?glicht der Schweiz, rückwirkend ab dem 1. Januar 2025 an Programmen wie Horizon Europe, Euratom und Digital Europe teilzunehmen. Die Unterzeichnung ist für November 2025 geplant, das Abkommen tritt nach Ratifizierung in Kraft und kann bereits vorl?ufig angewendet werden.
Das Geld, das jetzt gesprochen wurde, wurde zwar bei der EU beantragt, ausbezahlt wird es aber nach wie vor vom Bund, solange das Abkommen nicht unterzeichnet ist. Vor der Unterschrift im November k?nnen keine Beitr?ge von der EU ausbezahlt werden.
Als ?bergangsl?sung werden diese vom ERC bewilligten Grants vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) finanziert. Formell muss die ETH Zürich die bewilligten ERC Grants ablehnen und dann einen Finanzierungsantrag beim SBFI stellen. Diese Projekte erhalten dann das Label ?Vom SBFI finanzierter ERC Advanced Grant?.
Egal, wie die Auszeichnung genau heisst und welchen Weg die Gelder genau fliessen: Für die fünf ausgezeichneten Wissenschaftler:innen der ETH Zürich sind die gesprochenen Grants eine grosse Anerkennung ihrer Arbeit und sie geben ihnen den für ihre Forschung n?tigen Spielraum.
Die fünf ausgezeichneten Projekte

Jacob Corn ist Professor für Genombiologie. In seiner Forschung entwickelt und verwendet er Techniken, mit denen sich das Erbgut gezielt ver?ndern l?sst, wie beispielsweise die Genschere CRISPR/Cas. Wenn man jedoch verschiedene Zellen mit dem gleichen Werkzeug bearbeitet, ist das Resultat von Zelle zu Zelle oft ein anderes. In seinem ERC-Projekt untersucht er die Gründe für diese hohe Variabilit?t. Dazu m?chte er mit seiner Gruppe neue Methoden entwickeln, mit denen sich in Millionen von Zellen gleichzeitig messen l?sst, wie sich verschiedene DNA-Bearbeitungswerkzeuge auf das Ergebnis der Genom-Bearbeitung auswirken und welche Gene diesen Vorgang steuern. Damit will er besser verstehen, wie der Typ und der Zustand einer Zelle die unterschiedlichen Genombearbeitungstools beeinflussen. Auf dieser Grundlage m?chte er pr?zisere und effektivere Werkzeuge für die Genombearbeitung in Forschung, Biotechnologie und Medizin entwickeln.

Jér?me Faist ist Professor am Institut für Quantenelektronik und erforscht, wie sich Licht und Elektronen in winzigen Halbleiterstrukturen gezielt beeinflussen lassen – zum Beispiel um neuartige Quantenph?nomene sichtbar zu machen oder Lichtquellen im Infrarotbereich zu entwickeln. In seinem bereits zweiten ERC-Advanced-Projekt untersucht er, wie die Verst?rkung und Formung von Vakuumfluktuationen in speziellen Terahertz-Resonatoren – winzigen optischen Hohlr?umen – das Verhalten von Elektronen in Festk?rpern beeinflusst. Dafür werden spezielle Resonatoren hergestellt und an ein künstliches zweidimensionales Elektronengas gekoppelt. Die in den Resonatoren durch Vakuumfluktuationen erzeugten elektrischen Felder m?chte Faist nutzen, um neuartige Wechselwirkungen zwischen Elektronen zu erzeugen. So sollen sich exotische Quantenzust?nde geordnet steuern und stabilisieren lassen. Langfristig will der Forscher die Lichtfelder dazu verwenden, um ausschliesslich durch die Wirkung des Lichts supraleitende Zust?nde zu erzeugen.

ETH-Professor Mustafa Khammash entwickelt künstliche genetische Regelungskreise für lebende Zellen. Diese Zellen funktionieren wie winzige biologische Computer: Sie erkennen Krankheitssignale im K?rper und produzieren mithilfe ihrer Steuerungsalgorithmen selbstst?ndig Moleküle, die eine therapeutische Wirkung entfalten. In seinem ERC-Projekt will er das Forschungsfeld unter anderem durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz vorantreiben. Er plant, die Ergebnisse auf die Behandlung von rheumatoider Arthritis anzuwenden, einer Autoimmunerkrankung, die sich durch Entzündungen in Gelenken auszeichnet. Khammash m?chte Immunzellen so ver?ndern, dass sie Entzündungssignale erkennen und daraufhin Antik?rper produzieren, die entzündungsf?rdernde Botenstoffe reduzieren. Diese sollen die Symptome lindern, ohne die Infektionsabwehr des K?rpers zu beeintr?chtigen.

Der ETH-Professor Ferdinand von Meyenn untersucht, wie Umweltfaktoren, Ern?hrung und Stoffwechselprozesse in menschlichen Zellen epigenetische Spuren hinterlassen. Das sind molekulare Ver?nderungen, die die Aktivit?t von Genen beeinflussen, ohne dabei die DNA-Sequenz zu ver?ndern. Sie spielen bei Stoffwechselerkrankungen wie ?bergewicht und Diabetes eine Rolle. In seinem ERC-Projekt wird von Meyenn Methoden entwickeln, um epigenetische Spuren in den Zellen gezielt zu ver?ndern. Er wird dazu mithilfe von antik?rper?hnlichen Molekülen k?rpereigene epigenetisch aktive Enzyme an die gewünschte Stelle an der DNA bringen. Die Forschung soll dazu beitragen, Therapien zu entwickeln, die epigenetische Fehlregulationen bei Krankheiten wie Diabetes oder Adipositas korrigieren.

Julia Vorholt ist Professorin für Mikrobiologie und erh?lt bereits ihren dritten ERC Advanced Grant. Sie erforscht molekulare Mechanismen von mikrobiellen Wechselwirkungen und Stoffwechselprozessen. Dazu kombiniert sie die Bereiche Technik, experimentelle Evolution und Biochemie. In ihrem ERC-Projekt untersucht sie die Entstehung von Endosymbiosen, einer besonderen Lebensform, bei der eine Mikrobe von einem Wirt aufgenommen wird oder in diesen eindringt und in ihm weiterlebt. Die Endosymbiose war zentral für die Evolution komplexen Lebens. Vorholt wird neue Methoden entwickeln, um Zellen kontrolliert in andere einzuschleusen und dadurch Endosymbiosen gezielt einzuleiten. Der Ansatz er?ffnet neue Wege zum Verst?ndnis grundlegender biologischer Prozesse und biotechnologischer Anwendungen.