Grosse Ehre für ETH-Klimaforscherin Sonia Seneviratne
Die ETH-Professorin Sonia Seneviratne erh?lt als erste Schweizerin den renommierten Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Die Klimaforscherin teilt sich den mit insgesamt 500’000 Euro dotierten Preis mit einem Unternehmen aus Gelsenkirchen.
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Der Deutsche Umweltpreis wird seit 1993 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) verliehen. Mit 500'000 Euro z?hlt er zu den h?chstdotierten Umweltpreisen Europas. Da der Klimawandel bekanntlich nicht vor Grenzen haltmacht, zeichnete die DBU auch schon in der Vergangenheit besondere Pers?nlichkeiten ausserhalb Deutschlands aus, aber zum ersten Mal geht der Preis in die Schweiz.
ETH-Pr?sident Jo?l Mesot zeigt sich hocherfreut: ?Sonia Seneviratne hat mit ihrer Forschung wesentliche Beitr?ge für ein tieferes Verst?ndnis des Klimawandels geleistet. Gleichzeitig engagiert sie sich im Weltklimarat und als Expertin im Dialog mit der Gesellschaft. Dieser Preis ist hochverdient und zeigt, dass ihr Wirken weit über die Schweiz hinausgeht.? externe Seite Bundespr?sident Frank-Walter Steinmeier wird wie schon in den Vorjahren die Auszeichnung überreichen, dieses Mal am 26. Oktober in Chemnitz.
In der Begründung für den Preis lobt die DBU Sonia Seneviratne als eine ?brillante Klimawissenschaftlerin, die mit bahnbrechenden Studien auf dem Gebiet der Land-Klima-Dynamik internationales Ansehen erlangt hat und deren Expertise weltweit gefragt ist.? Viel Ehre für die 51-j?hrige Professorin aus der Romandie, die 2007 ihre Karriere als Assistenzprofessorin an der ETH Zürich begann und 2016 zur ordentliche Professorin ernannt wurde. Die Forscherin ist auch seit 2023 Mitglied des Vorstands des Weltklimarats IPCC. ETH-News hat nachgefragt, was der Preis bei ihr ausl?st.
ETH-News: Frau Seneviratne, herzliche Gratulation – wie haben Sie reagiert, als Sie erfahren haben, dass Sie den Deutschen Umweltpreis der DBU erhalten?
Sonia Seneviratne: Ich war hocherfreut, aber auch ein wenig überrascht. Wenn man sieht, wer in der Vergangenheit den Preis erhalten hat, ist das beeindruckend. Ich denke da zum Beispiel an Mojib Latif, Antje Boetius, Johan Rockstr?m oder auch Fredi Otto – das sind alles Forschende, vor denen ich grossen Respekt habe.
Sie teilen sich die Auszeichnung in H?he von insgesamt 500'000 Euro. Wissen Sie schon, wie Sie Ihre Preissumme von 250'000 Euro einsetzen m?chten?
Ganz konkret weiss ich das noch nicht – aber natürlich wird es etwas mit meiner Forschung zu tun haben. Ich denke aber, dass ich am liebsten Projekte damit finanzieren m?chte, bei denen es um kreative Klimakommunikation geht. Es ist n?mlich sehr schwierig, für diesen Bereich Finanzierung zu bekommen, obwohl er so unglaublich wichtig ist.
Die DBU betont ja unter anderem auch Ihre Beharrlichkeit. Was hilft Ihnen, dranzubleiben – auch wenn Klimaforschung politisch gerade nicht im Fokus steht?
Einerseits sehe ich einfach die Dringlichkeit. Es ist schlicht keine Option, dass wir die Klimakrise ignorieren. Andererseits habe ich ein grosses Verantwortungsgefühl – ich bin ja selbst Mutter und ich m?chte meinen Kindern eine Welt hinterlassen, in der es sich lohnt zu leben.
Sie schreiben Kolumnen, waren mit einer Kunstinstallation zum Klimawandel 2025 an der Architekturbiennale Venedig und sagen vor Gericht auch mal für Klimaaktivist:innen aus – was macht Ihnen eigentlich am meisten Spass?
Also am liebsten würde ich nur Forschung machen. Es gibt so Vieles, was ich an Klima- und Wetterprozessen noch gerne untersuchen würde und auch vielleicht in einem Buch zusammenfassen m?chte. Ausserdem betreue ich sehr gerne meine Doktorand:innen und Postdoktorand:innen und h?tte gern noch mehr Zeit für die Lehre. Mein Ideal w?re also, dass die Klimakrise gar kein Thema mehr ist, weil wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben und ich vor allem forsche und unterrichte.
Da die Realit?t leider anders aussieht, geh?rt ?ffentlichkeitsarbeit aber für mich ganz klar zu meinen Aufgaben. Da sind es vor allem die pers?nlichen Begegnungen, die mich besonders freuen – da kann man etwas bewegen. Zum Beispiel war ich mal im Aargau an einen kleinen Anlass auf dem Land, welcher unter anderem von Mitgliedern der gr?ssten lokalen Ortspartei und einer Vertreterin von Greenpeace organisiert wurde – wir haben dann diskutiert, was man konkret in der Landwirtschaft gegen die Klimakrise unternehmen k?nnte – die Teilnehmenden, darunter auch viele Bauern und B?uerinnen waren super motiviert, es war eine tolle Stimmung.
Seit Juli 2023 sind Sie auch im Vorstand des IPCC – ist das auch eine Aufgabe, die Sie gerne machen?
Es ist schon sehr spannend beim Weltklimarat bei der Planung der neusten Berichte mitzuwirken. Auch beim IPCC kann ich aktiv viel bewegen. Beispielsweise bin ich schon etwas stolz, wenn ich sehe, wie die bisherigen Berichte des Weltklimarats, zu denen ich auch beigetragen habe, in Gerichtsentscheidungen zunehmend relevant werden.
Sie sind unglaublich aktiv – hat ihr Tag mehr als 24 Stunden?
(lacht) Leider nein, und ich kann mich auch nicht klonen! Beides w?re manchmal hilfreich, weil ich gerne mehr Zeit für alle meine Aufgaben h?tte. Aber ich habe unglaublich viel Unterstützung – zum einen von meinem Mann, der zu Hause viel übernimmt, zum anderen von meinem Team, das unglaublich gut funktioniert. Ich kann mit gutem Gewissen sehr viele Aufgaben delegieren, weil ich so viele kompetente und engagierte Menschen in meinem Umfeld habe. Die sind eigentlich alle auch an diesem Preis beteiligt!
Nicht zuletzt würdigt man auch Ihre grossen Verdienste in der Wissenschaftskommunikation. Sie sind dafür bekannt, praktisch alle Fragen, die an Sie herangetragen werden, auch zu beantworten. Welche Frage würden Sie sich selbst gerne stellen?
Schwierig – tats?chlich habe ich im Laufe der Jahre sehr viele Fragen beantwortet… aber ich kann sagen, über was ich gerne mehr sprechen würde.
... und das w?re?
Ich m?chte den Menschen immer wieder zurufen, dass es m?glich ist, unsere CO2-Emissionen rasch zu reduzieren, und langfristig auf null zu senken, was wir brauchen, damit wir die Klima?nderung stabilisieren k?nnen und noch schlimmere Auswirkungen abwenden k?nnen. Jede Anstrengung, jeder weitere Dekarbonisierungs-Schritt ist wichtig. Unsere Gesellschaft ist süchtig nach fossilen Energietr?gern, aber wir sind bereit für die Entziehungskur, und es wird uns kollektiv viel besser gehen, wenn wir es geschafft haben. Wir haben alles, was es dazu braucht, wir müssen uns nur getrauen, das Richtige zu tun.