Mit Schallwellen zum smarten T-Shirt
Neue smarte Textilien von Forschenden der ETH Zürich setzen auf akustische Wellen und Glasfasern, um pr?zise Messungen zu erm?glichen. Sie sind leicht, atmungsaktiv und kostengünstig und bieten ein grosses Potenzial für Medizin, Sport und Alltag.
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In Kürze
- Forschende der ETH Zürich haben smarte Textilien entwickelt, die akustische Wellen statt Elektronik nutzen, um Berührungen, Druck und Bewegungen pr?zise zu messen.
- Die sogenannten Sono-Textilien arbeiten mit Glasfasern, die Schallwellen leiten; dank unterschiedlichen Frequenzen ist die Datenverarbeitung effizient.
- M?gliche Anwendungen reichen von der ?berwachung der Atmung bei Asthmapatienten über die Verbesserung von Bewegungsabl?ufen im Sport bis zur ?bersetzung von Geb?rdensprache.
Stellen Sie sich vor, Sie tragen ein T-Shirt, das Ihre Atemfrequenz misst, oder Handschuhe, die Ihre Handbewegungen in Befehle für den Computer übersetzen. Forschende der ETH Zürich unter der Leitung von Daniel Ahmed, Professor für Akustische Robotik für Biowissenschaften und Gesundheitswesen, haben die Grundlagen für solche smarten Textilien geschaffen. Anders als viele bisherige Entwicklungen in diesem Bereich, die dafür meist Elektronik benutzen, setzen die ETH-Forschenden auf akustische Wellen, die durch Glasfasern geleitet werden. Das macht die Messungen pr?ziser und die Textilien leichter und atmungsaktiver und besser waschbar. ?Zudem sind sie kostengünstig, da wir leicht zug?ngliches Material verwenden, und der Stromverbrauch ist sehr gering?, sagt Ahmed.
Akustische Sensoren im Stoff
Die Forschenden nennen ihre Entwicklung Sono-Textilien. Dabei haben sie normale Stoffe in smarte Sensoren verwandelt, die auf Berührungen, Druck und Bewegungen reagieren. ?Es gab zwar bereits Forschung zu smarten Textilien auf Akustikbasis, aber wir sind die Ersten, die Glasfasern in Kombination mit Signalen, die unterschiedliche Frequenzen verwenden, erprobten?, erkl?rt Yingqiang Wang, Erstautor der in der Fachzeitschrift externe Seite Nature Electronics ver?ffentlichten Studie.
Die Forschenden haben Glasfasern in regelm?ssigen Abst?nden durch den Stoff gewebt. An deren einem Ende befindet sich ein kleiner Sender, der Schallwellen aussendet. Das andere Ende aller Glasfasern mündet in einen Empf?nger, der misst, ob sich die Wellen ver?ndert haben.
Jeder Sender arbeitet mit einer anderen Frequenz. So l?sst sich mit wenig Rechenleistung erkennen, auf welcher Glasfaser sich die Schallwellen ver?ndert haben. Bisherige smarte Textilien k?mpften oft mit Problemen der Datenüberlastung und Signalverarbeitung, da jede Sensorstelle einzeln ausgewertet werden musste. ?Zukünftig k?nnten die Daten in Echtzeit direkt an einen Computer oder ein Smartphone gesendet werden?, sagt Ahmed.

Wird eine Glasfaser bewegt, ver?ndert sich die L?nge der durch sie fliessenden akustischen Wellen, da sie an Energie verlieren. Bei einem T-Shirt kann das durch die K?rperbewegung oder auch durch die Atmung geschehen. ?Wir haben Frequenzen um die 100 Kilohertz im Ultraschallbereich verwendet – weit ausserhalb des menschlichen H?rbereichs, der zwischen 20 Hertz und 20 Kilohertz liegt?, betont Wang.

Vielseitig einsetzbar
Die Forschenden haben im Labor gezeigt, dass ihr Konzept funktioniert. In Zukunft k?nnten Sono-Textilien in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden: Als Hemd oder T-Shirt k?nnten sie die Atmung von Asthmapatienten überwachen und im Notfall warnen.
Im Sporttraining und bei der Leistungsüberwachung k?nnten Sportlerinnen und Sportler eine Echtzeit-Analyse ihrer Bewegungen erhalten, um ihre Leistung zu optimieren und Verletzungen vorzubeugen. Auch für Geb?rdensprache bieten die Textilien Potenzial: Handschuhe mit dieser Technologie k?nnten Handbewegungen simultan in Text oder Sprache übersetzen. Zudem k?nnten sie in Virtual- oder Augmented-Reality-Umgebungen eingesetzt werden.
?Sono-Textilien k?nnten sogar die K?rperhaltung einer Person messen und als Hilfstechnologie die Lebensqualit?t verbessern?, erg?nzt Chaochao Sun, der ebenfalls Erstautor der Studie ist. Menschen, die ihre K?rperhaltung verbessern m?chten, k?nnten so gezieltes Feedback erhalten, um Fehlhaltungen zu korrigieren. Auch im Rollstuhl k?nnten die Textilien anzeigen, wann ein Umsetzen n?tig ist, um Druckgeschwüren vorzubeugen.
Auch wenn die Alltagstauglichkeit der Sono-Textilien potenziell sehr hoch ist, erg?nzt Ahmed, dass es mit Blick auf die praktische Anwendung noch Verbesserungspotenzial gibt. Glasfasern als Schallleiter waren im Labor ideal, aber im Alltag k?nnen sie m?glicherweise brechen. ?Das Sch?ne ist, dass wir die Glasfasern leicht durch Metall ersetzen k?nnen. Schall breitet sich auch effektiv durch Metall aus?, erkl?rt Ahmed und erg?nzt: ?Wir m?chten unsere Forschung in diese Richtung und auch auf weitere Anwendungen ausweiten.? Als N?chstes wollen die Forschenden das System robuster gestalten und prüfen, wie sich die Elektronik besser in die Textilien integrieren l?sst.
Literaturhinweis
Wang Y, Sun Ch, Ahmed D: SonoTextiles: smart acoustic textiles for health monitoring, Nature Electronics (2025), DOI: externe Seite 10.1038/s41928-025-01386-2