Medizin am lebensechten Silikonmodell üben

Das ETH-Spin-off Swiss Vascular entwickelt anatomisch exakte Silikonmodelle von Hirngef?ssen. Damit helfen die Forschenden nicht nur, Tierversuche zu reduzieren, sondern verbessern auch das medizinische Training für komplexe Eingriffe.

Drei Männer vor einem blauen Poster, auf dem Swiss Vascular steht und mit den durchsichtigen Silikonmodellen vor dem Tisch
Oliver Brinkmann, Fabian Landers und Pascal Theiler (von links nach rechts) im Labor mit den Silikonmodellen ihres Spin-offs Swiss Vascular.  (Bild: Daniel Winkler / ETH Zürich)

Am Anfang standen Mikrokapseln. Winzige magnetische Transportvehikel, die zum Beispiel im Kampf gegen Krebs Medikamente gezielt im K?rper platzieren sollen. Die entscheidende Frage war: Wie lassen sich diese Kapseln sicher durch die Gef?sse steuern? Die Antwort fanden Fabian Landers und Pascal Theiler, Doktoranden am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, nicht im Tierlabor, wo dies normalerweise getestet wird, sondern in einem 3D-gedruckten Gef?ssmodell. ?Um den maximalen Erkenntnisgewinn aus geplanten Tierversuchen zu holen, übte das gesamte Team tagelang. Am Ende trug genau diese Vorbereitung entscheidend zum Erfolg der Versuche bei.?, sagt Theiler rückblickend.

Ihre L?sung, die die ETH-Forschenden am Multi-Scale Robotics Lab der beiden Professoren Bradley Nelson und Salvador Pané i Vidal entwickelten, ist heute ein wachsendes Spin-off mit einer klaren Mission: Tierversuche da ersetzen, wo es m?glich ist und ?rztinnen und ?rzten realit?tsnahe Trainingsbedingungen bieten.

Wo Silikon Leben rettet

Ein erheblicher Teil der Tierversuche in der Schweiz entf?llt auf die medizinische Forschung, insbesondere in der Entwicklung und Erprobung neuer Therapien und medizinischer Ger?te. Dabei kommen oft gr?ssere Tiere wie Schweine, Hunde oder Primaten zum Einsatz. Die Silikonmodelle von Swiss Vascular erm?glichen es, Eingriffe zu üben und Ger?te zu testen, und so die anschliessend ben?tigte Anzahl an Tierversuchen zu reduzieren. Zudem lassen sich der Erkenntnisgewinn und die Erfolgsquote bestehender Versuche erh?hen, da vieles schon zuvor im Labor getestet wurde.

Im Unterschied zu bisherigen Trainingsmodellen bestehen die 3D-gedruckten Swiss-Vascular-Modelle aus verschiedenen Kunststoffen, die sich in ihrer Elastizit?t wie echtes Gewebe verhalten. Dass die Modelle transparent sind, sodass jederzeit sichtbar ist, wo sich beispielsweise ein medizinisches Instrument befindet, ist ein Alleinstellungsmerkmal des Spin-offs.

Die Modelle von Swiss Vascular basieren auf MRT- und CT-Scans und sind Nachbildungen von Blutbahnen im Gehirn, sowohl von Tieren wie Schweinen oder Schafen, wie auch von Menschen. ?Gerade bei Eingriffen am Gehirn, wie etwa bei der Behandlung von Schlaganf?llen, z?hlt jede Minute. Es ist entscheidend, dass ?rztinnen und ?rzte an pr?zisen Modellen trainieren k?nnen und m?glichst gut vorbereitet sind?, erkl?rt Landers.

Vom Labor in die Klinik

Dass die beiden ETH-Maschineningenieure zusammen mit Mitgründer Oliver Brinkmann, ebenfalls ETH-Doktorand, ein Start-up gründeten, war so nicht geplant. ?Es war schlichtweg notwendig?, sagt Landers ?Wir bekamen zahlreiche Anfragen von Forschenden, Kliniken, und sogar internationalen Partnern.? Im Sommer 2024 wurde Swiss Vascular offiziell gegründet.

Mittlerweile ist das junge Unternehmen Teil eines gr?sseren Netzwerks und arbeitet eng mit der ETH Zürich, dem Universit?tsspital Zürich und dem ETH 3R Hub zusammen. Das 3R-Prinzip steht für Replace, Reduce, Refine, also Ersetzen, Reduzieren und Verbessern von Tierversuchen. Genau dazu leisten die 3D-Modelle von Swiss Vascular einen Beitrag: Sie erm?glichen es, Tierversuche zu vermeiden, zu verringern oder gezielter zu planen.

Am 3R-Tag am 21. Juni demonstriert das Team, wie solche Alternativen konkret aussehen k?nnen. Besuchende erhalten die M?glichkeit, die Modelle selbst zu testen und erfahren aus erster Hand, wo sie bereits heute in der Forschung eingesetzt werden und wo ihre Grenzen liegen.

?ffentlicher 3R-Tag

Neuroforschung im Wandel: Tiermodelle und ihre Alternativen

Samstag, 21. Juni 2025, Tür?ffnung: 10.45 Uhr, Hauptgeb?ude der ETH Zürich
Vortr?ge ab 11.00 Uhr im H?rsaal HG E 7
Apéro und Infost?nde ab 13.00 Uhr

externe Seite Weitere Informationen und Anmeldung

Forschung, die bleibt

Swiss Vascular ist ein Spin-off, das mehr sein will als ein Modellbauer für die Forschung. Die drei Gründer planen, eine umfassende Simulationsplattform zu entwickeln, mit der medizinisches Fachpersonal auch komplexe Eingriffe regelm?ssig üben kann, und zwar m?glichst realit?tsnah sowie ohne Risiko für Patientinnen, Patienten oder Versuchstiere.

Bis dahin ist es ein weiter Weg. Der Markt und die Nachfrage sind gross, aber die Herausforderungen sind es auch. ?Man ist pl?tzlich mit forschungsfernen Themen wie Zertifizierungen, Vertr?gen und Finanzen konfrontiert?, sagt Theiler. Dennoch überwiegt der Antrieb, etwas zu ver?ndern: für die Forschung, für Kliniken und letztlich für Patientinnen und Patienten.

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