Studierende entwickeln neuartiges Multimetall-3D-Druckverfahren

Studierende der ETH Zürich entwickelten eine Laserschmelzmaschine, die runde Bauteile im Kreis druckt und dabei mehrere Metalle gleichzeitig verarbeiten kann. Das System verkürzt die Fertigungszeit deutlich und er?ffnet neue M?glichkeiten für Raumfahrt und Industrie. Die ETH hat die Maschine zum Patent angemeldet.

Ein 3D Drucker, druckt in rot und weiss auf einer rotierenden Plattform.
In der neuen 3D-Druckmaschine werden zwei unterschiedliche Materialien gleichzeitig auf der rotierenden Plattform vom Laser verschmolzen.  (Bild: Michael Tucker / ETH Zürich)

In Kürze

  • Dank einer rotierenden Plattform kann eine neue 3D-Metalldruckmaschine in einem Schritt Materialpulver auftragen und dieses verschmelzen. Sie arbeitet dadurch schneller als herk?mmliche Ger?te.
  • Das System kann zwei verschiedene Metalle in einem Durchgang verarbeiten. Es spart dadurch Arbeitsschritte und verwendet nur so viel Material, wie effektiv ben?tigt wird.
  • Ein Prototyp entstand in nur neun Monaten und bietet Potenzial für Anwendungen in Raumfahrt, Luftfahrt und Antriebstechnik – überall dort, wo leichte, zylindrische Objekte ben?tigt werden.

Fast alle modernen Raketentriebwerke nutzen heute 3D-Druck, weil sich damit Struktur und Funktion besonders pr?zise verbinden und so die Leistung steigern l?sst. Studierende der ETH Zürich haben dafür nun den schnellsten Multimaterial-Metalldrucker gebaut: Die neue Laserschmelzmaschine dreht beim Drucken Pulver- und Gasdüsen gleichzeitig mit. So verarbeitet sie mehrere Metalle in einem Durchgang ohne Pausen. Die Maschine k?nnte den 3D-Druck von Metallteilen grundlegend ver?ndern, indem sie die Produktionszeit und die Kosten deutlich senkt.

Das sechsk?pfige Team von Bachelor-Studenten im fünften und sechsten Semester entwickelte die neue Maschine im Rahmen des Fokus-Projekts Rapture am Labor für neue Fertigungstechnologien unter der Leitung von ETH-Professor Markus Bambach und Wissenschaftler Michael Tucker. In nur neun Monaten haben die Studierenden die Idee in konkrete Pl?ne umgesetzt, gebaut und getestet. Die Maschine eignet sich besonders für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, bei denen zylindrische Bauteile gefragt sind – etwa Raketendüsen oder Turbinen. Sie ist aber auch für den allgemeinen Maschinenbau interessant.

Zugang zu fortschrittlicher Technologie schaffen

Projektleiter Tucker erkl?rt, dass das Vorhaben aus einer sehr konkreten Herausforderung entstand: Aris, die ?Swiss Academic Space Initiative?, entwickelt eigene Raketen und ben?tigt dafür spezielle Düsen für Flüssigtreibstoffe. Das studentische Team verfolgt das Ziel, in den kommenden Jahren die Kármán-Linie zu erreichen – jene international anerkannte Grenze zum Weltraum in 100 Kilometern H?he, ab der die Atmosph?re zu dünn ist, um Flugzeuge ohne besonderen Antrieb fliegen zu lassen.

Damit Raketendüsen die extreme Hitze und den hohen Druck w?hrend eines l?ngeren Starts aushalten, sollten sie idealerweise aus mehreren Metallen bestehen. So kann das Innere einer Düse aus w?rmeleitendem Kupfer mit integrierten Kühlkan?len bestehen, w?hrend die Aussenseite aus einer hitzebest?ndigen Nickellegierung gefertigt wird. ?Für kleinere Akteure wie das studentische Raketenteam war eine solche Multimetall-Technologie bislang zu aufwendig und zu teuer?, sagt Tucker.

3D-Druck in der Rotation

Kern der neuen Maschine ist eine rotierende Plattform, die einen schnellen Druckprozess erm?glicht. Anders als herk?mmliche rechteckige Laserschmelzanlagen, bei denen nach jeder verschmolzenen Schicht eine neue Pulverschicht aufgetragen werden muss, arbeitet die Maschine von Rapture dank der rotierenden Plattform kontinuierlich: Die Maschine kann gleichzeitig Pulver auftragen und es vom Laser verschmelzen lassen. Dadurch steigt die Produktivit?t deutlich. Bei den zylindrischen Bauteilen verkürzt sich die Fertigungszeit auf weniger als einen Drittel.

Vergr?sserte Ansicht: Grafik mit den Beschriftungen der verschiedenen Komponenten des Raptures.
Links eine herk?mmliche 3D-Druckmaschine, rechts die rotierende Maschine von Rapture, bei der der Laser das Pulver kontinuierlich verschmelzt.   (Bild: Michael Tucker / ETH Zürich)

Raketendüsen, rotierende Triebwerke und zahlreiche Bauteile in der Luft- und Raumfahrt seien ideal für diesen Prozess, sagt Tucker. Sie h?tten typischerweise einen grossen Durchmesser, aber sehr dünne W?nde. Die Maschine kann zwar auch nicht-achsensymmetrische Teile oder ganze Anordnungen von Bauteilen herstellen, doch für ringf?rmige Geometrien ist das rotierende Verfahren besonders effizient.

Zwei Metalle in einem Prozess verarbeiten

Die rotierende Maschine kann in einem Durchgang zwei verschiedene Metalle gleichzeitig verarbeiten. Herk?mmliche Systeme brauchen dafür mehrere Schritte und deutlich mehr Metallpulver. Da sich gemischtes Pulver nur schwer trennen und wiederverwenden l?sst, geht es heute meist als Abfall verloren. Das neue Verfahren tr?gt das Material nur dort auf, wo es am Bauteil tats?chlich ben?tigt wird und spart somit Material.

Die Maschine bl?st ein spezielles Gas über die Stelle, an der das Pulver verschmilzt, um den Prozess zu stabilisieren. Stickstoff verhindert, dass das Bauteil, w?hrend es gedruckt wird, oxidiert. Russ, Spritzer und andere Nebenprodukte werden über einen Abzug gezielt entfernt. ?Wir haben anfangs untersch?tzt, wie stark diese Gasstr?mungs-Vorrichtung die Qualit?t des Produkts beeinflusst?, sagt Tucker. ?Heute wissen wir: Sie ist entscheidend.? Dank der rotierenden Architektur der neu entwickelten Maschine lassen sich die Gasstr?me am Bearbeitungspunkt viel genauer steuern als bei herk?mmlichen Anlagen.

Ein silbriger Leitkranz
Ein fertiggestellter Leitkranz für eine Hochdruckturbine mit einem Durchmesser von 75 Millimetern.  (Bild: Michael Tucker / ETH Zürich)

Massarbeit statt Standardbauteile

Bei der Entwicklung der neuartigen Laserschmelzmaschine mussten die Studierenden mehrere technische Hürden überwinden. Eine davon war, den Laserstrahl mit der Rotation der Gaszufuhr und der Pulverversorgung exakt zu synchronisieren. Viele der für die Maschine ben?tigte Bauteile gab es nicht im Handel, also entwarf das Team sie selbst. Dazu z?hlen eine drehbare Verbindung für das Gaszufuhrsystem und ein System, das das Pulver w?hrend des Betriebs automatisch nachfüllt.

Trotzdem gelang es dem Studententeam, eine Maschine zu bauen, die fast industrietauglich aussieht. Für Tucker war dies einer der H?hepunkte des Fokus-Projekts: ?Dass ein Studierendenteam in neun Monaten eine funktionsf?hige Maschine entwickelt und baut, ist aussergew?hnlich.?

Potenzial für Raumfahrt, E-Mobilit?t und mehr

Das Team sieht neben dem konkreten Einsatz für Aris und generell für die Raumfahrtindustrie auch Anwendungsm?glichkeiten in anderen Bereichen, etwa bei Flugzeug- oder Gasturbinen sowie für Elektromotoren, bei denen ringf?rmige Geometrien typisch sind. Aufgrund der Neuartigkeit und des grossen wirtschaftlichen Potenzials hat die ETH für die rotierende Multimetall-Laserschmelztechnologie ein Patent angemeldet. Inzwischen ist sie auch für den ETH Spark Award nominiert.

Die bisherigen mit dem Prototyp hergestellten Bauteile haben einen Durchmesser bis zu 20 Zentimetern. Das Forschungsteam arbeitet nun daran, den Prozess auf h?here Geschwindigkeiten und gr?ssere Durchmesser zu skalieren. Dafür suchen die Forschenden derzeit Industriepartner, die die Technologie gemeinsam mit ihnen weiterentwickeln und anwenden m?chten.

Spark Award 2025 

Am 27. November 2025 verleiht die ETH Zürich am ETH Zürich @ Open-i zum 14. Mal den Spark Award für die beste Erfindung des Jahres. Die Kriterien dafür sind Originalit?t, Patentst?rke und Marktpotenzial. 

Hier finden Sie die Spark Award Siegerprojekte der Jahre 2012–2024.

Spark Award Zeremonie, Industry Day @ Open-I, Donnerstag, 27. November 2025, 13.30 Uhr, Kongresshaus Zürich. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Literaturhinweis

Bambach M, Tucker MR: Design and analyses of powder deposition, gas flow, and productivity for a rotary laser powder bed fusion system. CIRP Annals – Manufacturing Technology, 2025. doi: externe Seite 10.1016/j.cirp.2025.04.005

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